Yolanda von ViandenErläuterungen0. Allgemeine HinweiseDie Person der Viandener Grafentochter Yolanda (1231-1283) und ihre von dem Trierer Dominikaner Hermann von Veldenz (ca. 1250-1308) verfaßte Vita sind in den letzten Jahren stärker ins Blickfeld der Forschung gerückt. Die Arbeiten beschäftigen sich von germanistischer Seite mit literatur- und sprachwissenschaftlichen Fragen, von historischer Seite mit sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten, von theologischer Seite mit frömmigkeitsgeschichtlichen Hintergründen. Die Section de Linguistique, d'Ethnologie et d'Onomastique des Institut Grand-Ducal de Luxembourg hat ein Yolanda-Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Die Initiatoren Guy Berg und Ralf Fichtner organisieren u.a. eine wissenschaftliche Tagung im November 1999 in Luxemburg. Yolanda von Vianden ist eine der außergewöhnlichsten Frauengestalten des Mittelalters, nicht weil sie - wie z.B. Loretta von Sponheim - als Gräfin Herrschaft ausübte, oder - wie z.B. Hildegard von Bingen - als Äbtissin einem Benediktinerinnenkloster vorstand, sondern weil sie sich bereits in jungen Jahren zu einem Leben in Armut entschied und gegen alle machtpolitischen und dynastischen Interessen ihrer Familie, die eine vorteilhafte, politische Heirat wünschte, durchsetzte. Sie überzeugte sogar einen der größten Gelehrten ihrere Zeit, Albertus Magnus, im Streitgespäch von der Richtigkeit ihrer Entscheidung. Bereits früh, 1248, trat sie in das arme Dominikanerinnenkloster Marienthal ein, wo sie 1258 Priorin wurde. Kurz nach ihrem Tode verfaßte vermutlich ihr
Beichtvater Hermann von Veldenz eine anschauliche und
lebendige Beschreibung ihres Ringens mit der Familie um
diese Entscheidung. Er orientierte sich formal und
stilistisch am höfischen Epos und an höfischer Lyrik
(Walther von der Vogelweide, Konrad von Würzburg,
Frauenlob), aber auch an Heiligenviten bzw. geistlichen
Novellen (Hartmanns 'Gregorius' und 'Armer Heinrich').
Anders als in den höfischen Epen schildert er jedoch den
nicht idealisierten Alltag und den Familienzwist auf
manchmal sehr drastische Weise, so daß wir ein
anschauliches Bild des adligen Familienlebens im
Mittelalter gezeichnet bekommen. |